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Kirsten Graulich, PNNChristoph Siemes, Die Zeit
 Klaus Büstrin, PNN
 Klaus Bellin, Neues Deutschland
 Steffen Richter, Frankfurter Rundschau
 Volker Strebel, Ostragehege
 Dirk Klose, Das Parlament
 
Sabine Breithor durchstreift mit wachen Augen die Welt vor
 ihrer Haustür und fixierte in der märkischen Landschaft Bilder von
 reiner Poesie. Die Schwarzweiß-Fotografien erzählen von Orten, in
 denen es keine Eile zu geben scheint. Der Puls senkt sich, wenn das Auge in den
 Landschaften mit knotigen Wurzelbäumen und stillen Seen spazieren geht.
 Man meint fast, das Rascheln der Laubblätter zu hören, die wie ein
 Teppich den Seddiner See umrahmen, und die Bank davor wird zum Fixpunkt der
 eigenen Sehnsucht. Im Wechsel der Jahreszeiten legt sich Schnee wie ein Tuch
 über die Landschaft und bringt sie zum Leuchten.Auf manchen Fotos scheint die Bewegung der Natur nur im Moment des Kameraklicks
 inne zu halten, beispielsweise bei den Kopfweiden, die aussehen als würden
 sie tanzen. Oder die Efeugirlande, die sich schwungvoll zum Stallfenster
 emporgearbeitet hat – ein Flirt mitten im Frost. Auf einem anderen Foto
 ein vom Wind gerissenes Blatt, dass sich an einem Zaun festklammert. Daneben
 Bilder von Wasserflächen, in denen sich Pappeln spiegeln, die sich geben
 wie eine am Ufer exerzierende Garde.
 Die griechische Übersetzung für das Wort "Fotografie"
 bedeutet soviel wie "Lichtschrift" und trifft auf ihre Arbeiten in
 besonderer Weise zu, wie stimmungsvolle Lichtwechsel in ihren Arbeiten zum
 Foto-Gedichtband "Langsam dreht sich das Jahr ins Licht", der zum
 100. Geburtstag des Dichters Peter Huchel vom Märkischen Verlag
 herausgebracht wurde. Huchels lyrische Landschaften ergänzt die Fotografin
 40 Jahre später, indem sie mit der Kamera das "Licht beschreibt":
 Da zeichnen frisch gefallene Schneeflocken das Muster eines Fischernetzes nach,
 und ein Schilfblatt scheint auf der harschen Schneedecke eingeschlafen zu sein.
 Kirsten Graulich, Potsdamer Neueste Nachrichten, 29.01.07 
 
Für die Hommage 2003 ist deshalb der winzige Märkische Verlag
 zuständig, ein Einmannbetrieb in Huchels langjährigem Wohnort
 Wilhelmshorst. Dort erscheint eine bibliophile Ausgabe von 64 Gedichten,
 ausgewählt und nach Jahreszeiten sortiert vom Huchel-Kenner Axel Vieregg,
 begleitet von melancholischen Schwarzweißbildern der Fotografin Sabine
 Breithor. Viel mehr ist nicht anzuzeigen; Peter Huchels zeitkritische
 Naturlyrik ist nicht eben en vogue, und auch der politische "Fall"
 Huchel ist zu den Akten gelegt, obwohl er ein Paradebeispiel diktatorischer
 Kulturpolitik ist.
               Christoph Siemes, Die Zeit, 03.04.03 
 
"Langsam dreht sich das Jahr ins Licht".Das Buch mit dem hochpoetischen Titel ist soeben im Märkischen Verlag
 Wilhelmshorst erschienen, ganz pünktlich zum heutigen 100. Geburtstag
 des Dichters Peter Huchel. Lyrik und Fotos vereint der kostbare Band. Die
 Gedichte stammen natürlich von Peter Huchel, die Bilder hat die
 Michendorfer Fotografin Sabine Breithor beigesteuert.
 
In vielen seiner Gedichte wandte sich der Dichter der Landschaft seiner Heimat
 zu, der Mark, genauer gesagt, der Zauche, südlich des Schwielowsees und
 des Templiner Sees gelegen. In Huchels Dichtung gibt es eine wunderbare
 Synthese von traditionellen und modernen Lyrikformen. Sie erinnern oftmals an
 Dichter der Romantik mit ihrer Ruhe und ihrer Schwermut, ihrer Melancholie und
 hin und wieder auch an ihrer Liedhaftigkeit. Nur ist bei dem Wilhelmshorster
 alles um einen Ton spröder, gibt es bei ihm die schlichte Treuherzigkeit
 nicht und der Glaube ist schon lange nicht mehr sicher. Für die
 ständige, gesetzmäßig, ablaufende Wandlung der Natur in den
 Jahreszeiten besaß der Dichter ein ausgeprägtes Bewusstsein. Das
 Foto-Text-Buch ist gefällt mit Beispielen. Es ist nicht die
 überschäumende Freude über den anbrechenden Frühling und
 den erfüllten Sommer, wie man ihn bei Eichendorff oder Uhland lesen kann,
 sondern man findet bei ihm eher die Nachdenklichkeit, eine leise Freude. Und
 doch ist man überrascht, wenn man solch luftigen Vers in dem Gedicht
 "Frühling im Stadtpark" lesen kann:
               
Des Parkes Buch singt grün den Sperlingsspott,es schwebt des Maimarkts roter Luftballon:
 Hoch über Autotier und Straßentrott
 zigeunert unserer Kindheit Lampion.
 
Und auch immer wieder kann man bei Huchel einen gelassenen und getrosten Ton lesen, so in "Friede":
               
Zugzeiten der Vögel.In den stachligen
 Grannen gedroschener Ähren
 wohnt noch die milde Leere des Sommers.
 In den Schießscharten des Wasserturms
 Wuchert das Gras.
 
Sabine Breithor hat zu jedem Gedicht ein Schwarz-Weiß-Foto hinzugegeben.
 In der Kongenialität der Auswahl von Texten und Bildern (Herausgeber: Axel
 Vieregg) hat man den Eindruck, als ob Dichter und Fotografin gemeinsam an
 diesem Buch gearbeitet haben. Man muss schon sehr viel Einfühlsamkeit
 besitzen, um auf die Bildwelten Huchels so eingehen zu können, wie es
 Sabine Breithor tat. Sie hat sich bei ihren Landschaftsaufnahmen intensiv mit
 der Lyrik des Wilhelmshorsters beschäftigt, aber auch die Kenntnis von der
 märkischen Landschaft und die Liebe zu ihr, waren ausschlaggebend. Ein
 Innewerden und ein In-sich-Gehen lassen Bilder und Lyrik aufs Schönste zu.
               Klaus Büstrin, Potsdamer Neueste Nachrichten, 03.04.03 
 
 
Das schönste und anspruchsvollste Buch zum Zentenarium indes hat ein
 Verleger in Wilhelmshorst editiert. Nach dem Bändchen
 "Wegzeichen", einem Peter-Huchel-Lesebuch von 1999, legt Klaus-P.
 Anders in seinem Märkischen Verlag einen attraktiven Bildband vor,
 überschrieben mit der Huchel-Zeile "Langsam dreht sich das Jahr ins
 Licht". Axel Vieregg, der wohl beste Kenner des Werks, hat ihn
 herausgegeben, und von Sabine Breithor stammen die Fotos, die die Strophen des
 Dichters mit einducksvollen Aufnahmen kontrastieren. Das Buch ist auch so etwas
 wie eine Ehrenrettung des Ortes und seiner Gemeindevertretung, der es nach
 langen, aufgeregten Debatten nicht gelang, die Potsdamer Straße zwischen
 Langerwisch und Wilhelmshorst zum 100. Geburtstag in Peter-Huchel-Chaussee
 umzubenennen.
               Klaus Bellin, Neues Deutschland, 03.04.03 
 
 
Der kleine Märkische Verlag Wilhelmshorst stürzt sich mit seinem
 aufwendig gestalteten Fotoband "Langsam dreht sich das Jahr ins
 Licht" hoffentlich nicht in den Konkurs.
               Steffen Richter, Frankfurter Rundschau, 03.04.03 
 
 
… Das eigentliche Geschenk zum Geburtstag wurde aber mit dem vorliegenden
 Bildband "Langsam dreht sich das Jahr ins Licht" vorgelegt. Der
 Untertitel "Jahreszeitliche Gedichte aus der Mark Brandenburg"
 verrät etwas von der Konzeption dieses wunderschön aufbereiteten und
 liebevoll gestalteten Bandes. Schließlich filterte Huchel aus der
 Landschaft der Mark Brandenburg, der Zauche, jener Wald-, Wasser- und
 Wiesenlandschaft südlich von Potsdam seine poetischen Bilder - und die
 Fotografin Sabine Breithor betrachtete diese Landschaft mit ihrer Kamera. Die
 Wirkungen der geheimnisvollen Rätsel, die sich im Wechselspiel zwischen
 den Fotos und Texten ausbreiten, kann man aber weder erklären noch
 beschreiben. Peter Huchel, erklärtermaßen kein Gegner von
 Gedichtinterpretationen, war sich deren Grenzen jedoch sehr bewußt.…Es geht vielmehr darum, die sinnliche Wahrnehmung zu schärfen,
 scheinbar vertrautes in neuen Zusammenhängen kennenzulernen. Ein gutes
 Gedicht steht für sich selbst ein und bedarf keiner Kommentierung.
 Offensichtlich hatten die Zusammensteller des vorliegenden Buches diesen Rat
 beherzigt, denn es gibt ungewöhnliche Einblicke frei. Die zarte
 Vermischung eines zarten Nebels im Hintergrund mit den struppigen
 Bürsten entlaubter Bäume, die gleißenden Wasserspiegel unter
 bleiernen Himmeln - Sabine Breithors Fotos sind dem Mysterium der von Peter
 Huchel gemurmelten Formeln dicht auf der Spur, wenn der im Gedicht "Blick
 aus dem Winterfenster" meditiere
 "Kopfweiden, schneeumtanzt,
 Besen, die den Nebel fegen.
 Holz und Unglück
 wachsen über Nacht
 Mein Meßgerät
 die Fieberkurve."
 Huchel deutet hier nicht zufällig dunkle Assoziationen an …
 Für den vorliegenden Band verfasste der Huchel-Biograph Hub Nijssen einen
 tabellarischen Lebenslauf, der Huchels wichtigste Stationen und Begebenheiten
 auflistet und Roger Melis steuerte aus erster Hand einige Fotoportraits bei.
 Und Axel Vieregg, weist in seinem Nachwort auf den Dichter Johannes Bobrowski
 hin, der seinerzeit Huchel als sein Vorbild angegeben hatte: "Da haben wir
 zwei alten ›Naturmagier‹ beieinander gesessen ... und unsere
 Kümmernisse beredet...". Das Stichwort ›Natur‹ hatte
 nicht nur in der DDR, sondern auch im Westen immer wieder zu Irritationen einer
 politisierten Kunstauffassung geführt. Dabei spiegelt sich in Huchels
 Lyrik gerade in aller Naturverbundenheit auch deren gnadenlose Seite wieder.
 Von einer Idylle kann keine Rede sein, wenn Huchel eine Katze besingt…
 Tatsächlich beruhigt es die Mächtigen, wenn kritische Dichter
 abtreten, und sei es nur ins Exil. Doch deren Gedichte bleiben auf eine
 eigenartige Weise aktuell, wenn sie den Leser im Innersten anzurühren
 vermögen. Der vorliegende Bildband verbürgt sich eindrucksvoll
 dafür!
 Volker Strebel, Ostragehege, Heft 1/2005 
 
 
Über Jahrhunderte war die märkische Landschaft rund um Berlin nicht
 viel mehr als des Heiligen Römischen Reiches
 "Streusandbüchse". Erst Theodor Fontane hat mit seinen
 "Wanderungen" vielen Menschen die Augen für Eigenart und
 Schönheit dieser herben Region geöffnet. Im 20. Jahrhundert hat kaum
 jemand so intensiv Landschaft und Menschen beschworen wie der in
 Alt-Langerwisch bei Potsdam geborene Lyriker und Essayist Peter Huchel. Seine
 Bilder von Landarbeitern, Bauern, Gehöften, Natur und Jahreszeiten
 gehören zum Schönsten, was die deutsche Sprache in unserer Zeit
 gegeben hat. Diese Welt gibt es heute nicht mehr — Krieg, Sozialisierung
 und heute großflächige Landwirtschaft haben die Region völlig
 verändert.Der kleine und doch so rührige Märkische Verlag in Wilhelmshorst hat
 zu Huchels 100. Geburtstag einen mit viel Geschmack zusammengestellen Band
 veröffentlicht, in dem Gedichte Huchels mit kongenialen Aufnahmen der
 Fotografin Sabine Breithor zusammengestellt sind. Eins ergänzt das andere
 vollkommen und zeigt einmal mehr, wie groß in ihrer Arbeit doch auch die
 "Kleinen" im Lande sind.
 Dirk Klose, Das Parlament, 21.06.2004 
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