Klaus Büstrin, PNN
Der Potsdamer Jugenddiakon Klaus Hugler hat sich mit seiner
jüngsten Buchveröffentlichung dem preußisch-sächsischen
Husarenoffizier, dem Christen und Anarchisten Moritz von Egidy angenommen. Von
April 1897 bis zu seinem Tode am 29. Dezember 1898 lebte er in Potsdam, in der
Großen Weinmeisterstraße. Egidy wurde auf dem Alten Friedhof in der
heutigen Heinrich-Mann-Allee beigesetzt.
"Ich hab's gewagt", so nennt Klaus Hugler sein Büchlein, das vom
Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam
e.V. herausgegeben wurde. "Ich hab's gewagt" – Moritz von
Egidy, der sich niemals ganz von der Armee verabschiedete (er blieb
Reserveoffizier) redete und handelte vom christlichen Glauben her. In ihm war
er tief verwurzelt.
Vom aktiven Wehrdienst sich lösend, "predigte" und schrieb Moritz
von Egidy gegen die oftmals lähmende Dogmatik in der Kirche, sprach sich
leidenschaftlich für Reformen in der Gesellschaft aus. Er gesellte sich an
die Seite von Friedenskämpfern, Sozialdemokraten und Anarchisten. Mit
Bertha von Suttner, Liliy Braun, Bruno Wille, Gustav Landauer, damals bekannte
"Linke", stand er in regem Kontakt Egidys Publikation "Ernste
Gedanken" wurde von der Polizei äußerst kritisch in Augenschein
genommen. Er als Person demzufolge nicht anders. Selbst bei seiner Beisetzung
observierte die Polizei Rede und Trauergäste.
Nach den ersten zehn Seiten der Broschüre hätte ich sie fast beiseite
gelegt. Die Aufzählung von Daten und Fakten ist immens ermüdend. Erst
als Egidy, Liliy Braun oder Landauer selbst zu Worte kommen, wirkt das
Geschriebene lebendiger, erlebt man die Zeit der zweiten Hälfte des
vergangenen Jahrhunderts pur. Klaus Hugler hat sehr fleißig recherchiert
die Lebensstationen und die Worte Egidys interessant miteinander verflochten.
In Erstaunen versetzte mich jedoch die Tatsache, daß der Autor den
ehemaligen DEFA-Dokumentarfilmer Karl Gass für das Nachwort auserkor.
Gass, der in den Zeiten des "Kalten Krieges" sich mit seinen Filmen
den Mächtigen der DDR unterwarf, war wohl im Falle Egidy der Ungeeignetste
für einen schriftlichen Erguß in diesem Buch.
Klaus Hugler ist insgesamt zu danken, daß er uns mit einem Unerschrockenen
bekannt macht, der zu seinen Lebzeiten bei Staat und Kirche unbeliebt war.
Klaus Büstrin, PNN, 13.11.98
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