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KG, PNNKlaus D. Grote, MAZ
 Marion Hartig, PNN
 Hanne Landbeck, MAZ
 H. Wolff, Potsdamer Linker Bote
 Angela Martin, Junge Welt
 
"Erschreckend wurden die Recherchen, je mehr ich mich
 mit der Materie auseinander setzte", erinnert sich Almuth Püschel,
 Historikerin und Autorin die mit ihrem Buch "Zwangsarbeit in
 Potsdam", erschienen im Märkischen Verlag Wilhelmshorst, das erste
 umfassende Werte über inhaftierte Fremdarbeiter in der Landeshauptstadt
 geschrieben hat.Über 70 Lager existierten in ganz Potsdam. Vornehmlich in Babelsberg, in
 der Nähe des Rüstungsbetriebes Orenstein & Koppel an der
 Großbeerenstraße, des Flugzeugbauers Arado an der heutigen
 Friedrich-Engels-Straße oder in der Innenstadt "Platz gab es laut
 den zu dieser Zeit aktuellen Statistiken für etwa 15.000
 Zwangsarbeiter", berichtet Püschel. Aus der ehemaligen UdSSR, Polen,
 den Niederlanden, Frankreich und Belgien kamen sie in Eisenbahnwaggons in
 Potsdam an.
 Oberbürgermeister Jakobs, begrüßte die Arbeit des Vereins und
 der Autorin. "Etwa zwei bis drei Briefe erreichen mich pro Woche von
 ehemaligen Zwangsarbeitern, die - heute in Polen oder Russland lebend - nach
 Dokumenten fragen, um die bescheidene Zwangsarbeiterrente zu erhalten. Doch die
 städtischen Archive wurden 1945 systematisch vernichtet, so dass die
 Stadtverwaltung heute kaum helfen kann". Um so mehr sei es wichtig, so der
 Bürgermeister, die Erinnerung daran wachzuhalten. "Zwangsarbeit in
 Potsdam" bestand bei allen bisher nur aus rudimentärem Wissen. Dank
 der Zuarbeit von Verein und Autorin wolle man nun, trotz leerer Kassen, die
 Standorte größerer Lager öffentlich kennzeichnen, "damit
 in Potsdam dieses verschüttete Alltagsbewusstsein wieder wach wird."
 Denn Zwangsarbeiterlager gehörten, so Jakobs weiter, eben zum Alltag in
 der Nazi-Zeit "auch in Potsdam".
 KG, Potsdamer Neueste Nachrichten, 25.05.02 
 
"Gebe Gott, dass niemand das erleben muss, was wir damals erlebten."
 Der heute 71jährige Aleksander Iwanowitsch Jewdokimow kam 1943 mit seiner
 Familie über Umwege nach Babelsberg - als Zwangsarbeiter. Niedere
 Beschäftigung, unmenschliche Bedingungen und Arbeitszeiten, sehr schlechte
 Verpflegung gehörten zum Alltag der Arbeiter. Und auch die schrecklichen
 Bombenangriffe auf Potsdam erlebten sie mit, einige verloren ihr Leben.70 Unterkünfte für Zwangsarbeiter gab es in der Stadt. Die gestern
 eröffnete Ausstellung "Zwangsarbeit in Potsdam" im Kulturhaus
 Babelsberg zeigt diese "schuldigen Orte", heute oft hinter
 hübsch sanierten Fassaden versteckt oder unter dem Beton neuer Häuser
 vergraben. Grundlage der Ausstellung ist das ebenfalls gestern vorgestellte
 Buch mit gleichem Titel von Almuth Püschel. Es zeigt auf seinem Umschlag
 Zwangsarbeiterbaracken, die seit Jahrzehnten nahezu unbemerkt am alten
 Kaiserbahnhof stehen. Solche Lager waren meist Zwangsarbeitern aus Osteuropa
 und Kriegsgefangenen vorbehalten. Püschel zeigt, wie sehr sich der Umgang
 mit den Arbeitern nach deren Herkunft richtete. Holländer und Franzosen
 mussten nicht in Fabriken oder der Landwirtschaft arbeiten. Sie waren in
 Handwerksbetrieben, in Gaststätten oder auch als Straßenbahnfahrer
 beschäftigt. Die Auflistungen verdeutlichen, dass kaum ein Betrieb in
 Potsdam keine Zwangsarbeiter beschäftigte. Diesbezüglich war Potsdam
 eine Stadt wie jede andere auch, sagte Püschel.
 Im Zwischenlager Rehbrücke konnten Firmeninhaber die Zwangsarbeiter je nach
 Tätigkeit und Eignung wie auf einem Markt mitnehmen. Die
 größten Kontigente besaß die Rüstungsindustrie, hier
 wurden Arbeiter in Baracken direkt bei der Fabrikation untergebracht. Bei
 Orenstein & Koppel wurden nachweislich Verstorbene auf dem
 Firmengelände verscharrt. Rund 200 Zwangsarbeiter starben in Potsdam,
 viele kamen unter Kriegseinwirkung ums Leben. Bis zu 15.000 der Arbeiter waren
 in Potsdam, wie viele seit 1939 insgesamt hierher kamen, ist nicht feststellbar.
 Die Spurensuche erwies sich auch deshalb als schwierig, weil Akten kurz vor
 Kriegsende systematisch zerstört wurden. Eine Fundgrube seien die Akten
 der Staatsanwaltschaft gewesen, sagt Püschel. Dort fand sie Anzeigen gegen
 Zwangsarbeiter. Und die deutsche Gründlichkeit, mit der 1942 und 1943
 Lagerzählungen vorgenommen worden waren, liefere zumindest für diesen
 Zeitraum verlässliche Daten.
 Seit 1991 beschäftigt sich Almuth Püschel mit dem Thema Zwangsarbeit.
 Klaus D. Grote, Märkische Allgemeine Zeitung, 25.05.02 
 
Die neu erschienene Dokumentation "Verwehte Spuren, Zwangsarbeit
 in Potsdam" von Almuth Püschel befasst sich auch mit der spät
 einsetzenden Auseinandersetzung der Potsdamer mit diesem Teil der Vergangenheit.
               
14 bis 15 Millionen Menschen leisteten von 1933 bis 1945 in Deutschland
 Zwangsarbeit: Frauen, Männer und Kinder aus den überfallenen und
 unterworfenen Staaten, darunter Zivilisten, Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge
 und europäische Juden. Anfangs wurden sie in der Landwirtschaft
 eingesetzt, dann im Handwerk, im öffentlichen Dienst, in Firmen und der
 Industrie. Und das auch in Potsdam, wer einen Betrieb hatte und nicht
 "beschäftigte", sei eine Ausnahme gewesen. Das galt vom kleinen
 Schuhmacher über die UFA und das Oberlinhaus bis zu großen
 Unternehmen wie dem Flugzeugbauer Arado oder Frieseke & Höpfner.
               
Das Buch stellt das Leben der Fremdarbeiter dar, deren Situation in Kontext mit
 der NS-Politik gesetzt wird und gibt einen Einblick in die Kriegswirtschaft
 Potsdams.Viel zu spät, erst mit der Debatte um das Entschädigungsgesetz Anfang
 der 90er Jahre, ist Zwangsarbeit auch in der Landeshauptstadt Thema geworden.
 
Sie habe verwehte Spuren verfolgt, beschreibt die Autorin ihre Arbeit. Nur noch
 wenige Zeugnisse ließen sich von der Anwesenheit der Fremdarbeiter in der
 Stadt finden, Strukturen der einstigen Lager, namenlose Gräber auf
 Friedhöfen. Es sei wichtig herauszufinden und öffentlich zu machen,
 was in Potsdam in dieser Zeit stattgefunden habe. Durch den Blick auf das
 Alltagsleben der Betroffenen solle dieses Kapitel der Geschichte in das
 Bewusstsein zurückgeholt werden.
               Marion Hartig, Potsdamer Neueste Nachrichten 
 
Almuth Püschel stellt in Ihrem Buch "Zwangsarbeit in Potsdam"
 fest, dass das Phänomen allgemein verbreitet gewesen sei und sich sichtbar
 vor den Augen aller abgespielt hatte. Potsdam war keine rühmliche
 Ausnahme, schon gar nicht das "rote Babelsberg", wie man es zu
 DDR-Zeiten liebevoll nannte. Von den großen Unternehmen wie Orenstein
 & Koppel, die Arado-Werke oder UFA bis hin zum kleinen Schuhmacher und
 Bäcker, überall waren Zwangsarbeiter, und ohne die hätte das
 wirtschaftliche und öffentliche Leben nicht aufrechterhalten werden
 können.
               
Was bis 1939 noch menschliche Züge hatte, weil die meist polnischen,
 hauptsächlich in der Landwirtschaft tätigen Zwangsarbeiter in die
 Dorfgemeinschaft integriert waren und sogar mit den Bauernmädchen zum Tanz
 gingen, erhielt ab 1940 durch einen Erlass, alle Zwangsarbeiter seien in Lager
 zu verbringen, konzentrationshaftähnlichen Charakter. Schon ab 1935 hatte
 man im Ausland um Arbeitskräfte für Deutschland geworben, auch in der
 Sowjetunion, wo von verführerischen Plakaten blondbezopfte, rotwangige und
 gutgenährte Frauen herunterstrahlten. Von den insgesamt 14 bis 15
 Millionen waren etwa 400 000 freiwillig gekommen. In Potsdam stieg die Zahl der
 Zwangsarbeiter von 2984 im April 1941 auf 18.140 im März 1944. Jetzt
 künden noch einige Baracken, so z.B. am Kaiserbahnhof, von dem schweren
 Schicksal derjenigen, deren Entschädigung in der zähen und wirklich
 widerlichen Hinhaltediskussion durch Ableben sich häufig schon von selbst
 erledigt hat. Die meisten sind heute über achtzig Jahre alt und nicht mehr
 reisefähig.
               Hanne Landbeck, Märkische Allgemeine Zeitung 
 
Beim Nürnberger Prozess gegen den Nazi-Gauleiter Saukel,
 Bevollmächtigter für den Einsatz ausländischer
 Arbeitskräfte in der deutschen Wirtschaft, nannte der amerikanische
 Chefankläger diesen den größten Sklavenhalter seit der Zeit
 der Pharaonen.
               
70 Standorte ehemaliger Zwangsarbeiterlager hat Almuth Püschel, die die
 Situation der Zwangsarbeiter in der Stadt erforschte, nachgewiesen. Fast
 unvorstellbar, dass gegenüber dem Sitz der Landesregierung in der
 damaligen Saarmunder Straße 8, heute Heinrich-Mann-Allee, Zwangsarbeiter
 untergebracht waren, die unter unmenschlichen Bedingungen leben und schuften
 mussten. Nur wenige Schritte weiter, auf dem Gelände des ehemalige
n Straßenbahndepots, war ebenfalls ein Zwangsarbeiterlager eingerichtet.
 In der Ahornstraße unterhielt Orenstein & Koppel ein Lager mit
 1.680 Plätzen, die seit 1942 immer voll belegt waren. Friesike &
 Höpfner, ein Werk für Flugzeugfunktechnik, brachte Hunderte
 Zwangsarbeiter in der Nähe des Werkes in der Großbeerenstraße
 unter und die Arado-Flugzeugwerke, drittgrößter Flugzeughersteller
 im damaligen Deutschland, hatte seine Zwangsarbeiter ebenfalls in der
 Großbeerenstraße und auf dem Kiewitt untergebracht.
               
Almut Püschel geht davon aus, dass in der Stadt ständig 15.000 der
 ärmsten der Armen lebten. Sie kamen zuerst aus Belgien und Holland, aus
 Frankreich und aus den skandinavischen Ländern. Sie wurden noch mit Druck
 und Erpressung angeworben, bei den Polen, Russen und Ukrainern, die das Gros
 der Zwangsarbeiter stellten, machten sich die Faschisten diese Mühe nicht
 mehr. Sie wurden eingefangen, wie Vieh verladen und nach Deutschland
 verschleppt. Ausgangspunkt ihres Leidensweges war meist das Durchgangslager in
 Rehbrücke, wo sich Beauftragte der Betriebe ihre Arbeitskräfte
 aussuchten wie auf dem Sklavenmarkt. Zwangsarbeiter waren auch Kriegsgefangene
 aus dem Stalag II A in Luckenwalde, die hier als Arbeitskommando 557 A
 geführt wurden. Von der Zwangsarbeit profitierten fast alle Betriebe der
 Stadt. Sie waren im Handel tätig, in den Gaststätten und
 Gärtnereien. Selbst der Magistrat der Stadt Potsdam hatte ein
 Zwangsarbeitslager in der Wiesenstraße eingerichtet, dessen Insassen mit
 kommunalen Arbeiten beschäftigt waren. Wie viele unter den unmenschlichen
 Bedingungen ums Leben kamen, ist nicht mehr nachweisbar. Belegt ist jedenfalls,
 dass tote Zwangsarbeiter bei Orenstein & Koppel der Einfachheit halber auf
 dem Werksgelände verscharrt wurden. So wird ein dunkles Kapitel der
 Potsdamer Stadtgeschichte erhellt, das von Not und Hunger, von Drangsal und Tod
 dieser Menschen gekennzeichnet war.
               H. Wolff, Potsdamer Linker Bote 
 
Schuldige LandschaftenEine Dokumentation über Zwangsarbeit in Potsdam
 
Auf den ersten Blick wirkt der sorgsam ausgestattete Band wie ein
 Erinnerungsbuch für Touristen. Das ist offenbar auch beabsichtigt, denn in
 der Einleitung zu ihrem Buch "Zwangsarbeit in Potsdam" schreibt Almuth
 Püschel, dass die Schönheit der Stadt ohne die Tätigkeit
 ausländischer Arbeitskräfte nicht denkbar sei, vor allem nicht ohne
 die niederländischen Bauhandwerker, die unter dem Soldatenkönig
 Friedrich Wilhelm I. die Stadterweiterten. "Die Spuren und Zeugnisse des
 Wirkens dieser ausländischen Arbeitskräfte gehören heute zum
 Pflichtprogramm jedes Potsdam-Touristen." Weitgehend vergessen sind jedoch
 die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, die während des Zweiten
 Weltkrieges in Potsdam ausgebeutet wurden.
               
1944 waren im Arbeitsamtsbezirk Potsdam mehr als 18.000 zivile Zwangsarbeiter im
 Einsatz, außerdem Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. 73
 Zwangsarbeiterlager lassen sich für Potsdam nachweisen, Almuth
 Püschel hat ihre Adressen in einer umfangreichen Liste zusammengestellt.
 "Schuldige Landschaften" nennt sie die Lager in Anlehnung an den
 niederländischen Künstler Armando, der diesen Begriff geprägt
 hat. Zu den "schuldigen Landschaften" sollte man allerdings auch die
 Betriebe zählen, die Zwangsarbeiter eingesetzt haben. In einer weiteren
 Liste zählt die Autorin 65 Potsdamer Firmen und Institutionen auf, die
 nachweislich Zwangsarbeiter und/oder Kriegsgefangene beschäftigt oder auf
 ihren Grundstücken bzw. in deren unmittelbarer Nähe untergebracht
 haben.
               
Potsdam-Babelsberg war ein Zentrum der Rüstungsindustrie, bereits im Mai
 1939 existierten dort 65 anerkannte wehrwirtschaftliche Betriebe, mehr als die
 Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung arbeitete in diesen
 Unternehmen. Die Autorin hat die Geschichte der wichtigsten Rüstungsfirmen
 skizziert, etwa die der Arado-Flugzeugwerke GmbH, die unmittelbar nach dem
 Machtantritt der Nazis ihre Produktion auf die Erfordernisse der
 Luftrüstung umstellte und sowohl eigene Flugzeuge als auch Lizenzbauten
 anderer Flugzeugtypen herstellte und gegen Ende des Krieges in Babelsberg und
 anderen Werken insgesamt 32.000 Menschen beschäftgte, unter ihnen Tausende
 von Zwangsarbeitern.
               
Deren Schicksal steht im Zentrum des Buches. Almuth Püschel beschreibt ihre
 Rekrutierung in den besetzten Gebieten, die Transporte nach Deutschland und das
 Durchgangslager Rehbrücke, das Arbeiter vor allem aus Westeuropa
 durchlaufen mussten. Weitere Abschnitte des Buches sind den Lebensbedingungen
 der Ausländer gewidmet: ihrer katastrophalen Ernährung, der
 schlechten gesundheitliche Versorgung, der schwierigen Lage der Frauen und
 Kinder, besonders jener, die in den Potsdamer Lagern geboren wurden und oft nur
 wenige Tage und Wochen überlebten. Ausführlich und mit vielen
 Fallbeispielen geht sie auf das ausgeklügelte System von rassistisch
 motivierten sonderrechtlichen Bestimmungen ein, das eine eklatante
 Ungleichbehandlung von Fremdarbeitern verschiedener Nationalitäten auch
 vor Gericht ermöglichte. Erinnerungsberichte von überlebenden aus
 Russland, Frankreich und den Niederlanden zeigen aus gegensätzlicher
 Perspektive, wie unterschiedlich die einzelnen Gruppen von Fremdarbeitern
 behandelt wurden.
               
Es ist der große Vorzug des Buches von Almuth Püschel, dass sie den
 Einsatz ausländischer Zwangsarbeit im historischen Zusammenhang darstellt.
 Weil das überhitzte Aufrüstungsprogramm der Nazis schnell zu einem
 dramatischen Mangel an Facharbeitern führte, wurden in den Jahren 1936 und
 1937 verschiedene Gesetze für Deutsche erlassen, die die freie
 Arbeitsplatzwahl einschränkten. Schon vorher, im Juni 1935, wurde der
 Reichsarbeitsdienst eingeführt, der Jugendliche beiderlei Geschlechts zu
 einem sechsmonatigen Dienst in Uniform und in Gemeinschaftsunterk6uuml;nften
 verpflichtete, und seit Januar 1939 war das Pflichtjahr für junge Frauen
 bis 25 obligatorisch. Der Zwangsrekrutierung von Ausländern ging also eine
 Arbeitspflicht für Deutsche voraus.
               
Der Einsatz ausländischer Arbeitskräfte widersprach der rassistischen
 NS-Ideologie Mit den "Polenerlassen" des Jahres 1940 versuchte man
 daher, die polnischen Zwangsarbeiter zu kontrollieren und von den Deutschen zu
 isolieren. Um das "deutsche Blut" rein zu halten, sollten Polen, die
 sexuelle Beziehungen zu deutschen Frauen angebahnt hatten, mit dem Tode
 bestraft werden. Außerdem mussten polnische Arbeiter, noch vor den Juden,
 ein Abzeichen tragen, das sie als "rassisch minderwertig"
 stigmatisierte. Die sogenannten Ostarbeitererlasse gingen noch darüber
 hinaus und sanktionierten den Terror gegen die sowjetischen Arbeiter.
               
Dass die deutsche Kriegswirtschaft ohne die ausländischen
 Arbeitskräfte ebenso zusammengebrochen wäre wie die Versorgung der
 deutschen Bevölkerung, ist mittlerweile unumstritten. Die Autorin weist
 aber auch darauf hin, dass der Zwangsarbeitereinsatz die in Deutschland
 beschäftigten Arbeiter spaltete: in deutsche "Herrenmenschen"
 (die allerdings politisch ohnmächtig und wehrlos waren) und angebliche
 "Untermenschen", die wiederum in eine rassistische Hierarchie
 gepresst und schlimmstenfalls der "Vernichtung durch Arbeit"
 ausgesetzt waren. Gleichzeitig waren Verschleppung und Zwangsarbeit eine
 wirkungsvolle Repressionsmaßnahme gegen die Zivilbevölkerung in den
 besetzten Gebieten.
               
Almuth Püschel hat die verschiedenen Aspekte des Zwangsarbeitereinsatzes
 deutlich herausgearbeitet, ihre vorzügliche Dokumentation ist daher weit
 mehr als eine regionalgeschichtliche Studie. Der Band enthält viele
 historische Dokumente, die man sonst selten sieht, außerdem Fotos,
 Zeichnungen und Gedichte von Zwangsarbeitern und Aufnahmen von noch erhaltenen
 Baracken. Schon beim Durchblättern des Bandes spürt man den Atem der
 Geschichte. Und man wird neugierig, den Potsdamer Spuren vor Ort nachzugehen.
 Auf einem heutigen Stadtplan sind die ehemaligen Lager gekennzeichnet, man kann
 die Relikte der vergessenen Lager also selbständig erkunden. Kurz und gut:
 Das Buch ist unbedingt zu empfehlen.
               Angela Martin, Junge Welt ------------------------------------------------ |